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Dauerdefizitäre Einrichtung auf dem umsatzsteuerlichen Prüfstand!

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Eine Gemeinde hat einen Sportkomplex (Turnhalle mit Bad) in den Jahren 2001 bis 2008 errichtet. Nach Fertigstellung wurde dieser an eine Betreibergesellschaft für jährlich ca. 70.000,00 Euro verpachtet. Im Gegenzug wurde der Vorsteuerabzug in Höhe von 1,8 Mio. bei der Finanzverwaltung beantragt. Die Eintrittspreise wurden von der Gemeinde vorgegeben.

Da die Kosten des Badebetriebs nicht durch die Eintrittsgelder gedeckt werden konnten, wurde vertraglich vereinbart, dass die handelsrechtlichen Verluste durch die Gemeinde als einen nicht rückzahlbaren Zuschuss an die Betreibergesellschaft behandelt werden.

Der BFH hat mit Urteil vom 15.12.2016, V R 44/15 zugunsten des Finanzamts entschieden und die Unternehmereigenschaft der Gemeinde abgelehnt.

Als Begründung wurde auf die Asymmetrie zwischen den Betriebskosten und dem Eintrittsgeld verwiesen. Die Kostendeckung erfolgte nur durch einen geringen Teil der Einnahmen.

In den Entscheidungsgründen wurde vom BFH die Rechtsprechung des EuGH im Fall der niederländischen Gemeinde Borsele (EuGH vom 12.05.2016 C-520/14) zitiert. Hier wurden die angefallenen Kosten für den Schülertransport nur zu 3 % aus Einnahmen und im Übrigen aus öffentlichen Mitteln gedeckt.

Bereits mit Urteil vom 20.01.2005 hat der EuGH den Leistungsaustausch bei einem symbolischen Entgelt abgelehnt.

Aktuell ist beim BFH ein Verfahren anhängig, bei dem es um folgende Frage geht:

Liegt bei der Überlassung einer Sporthalle an Vereine ein Leistungsaustausch vor oder handelt es sich bei den von Vereinen gezahlten Beträgen lediglich um symbolische Entgelte, die nicht ausreichen, um von einer Entgeltlichkeit auszugehen?

Im vorliegenden Fall wurde die Sporthalle gegen eine Nutzungspauschale für 1,50 Euro pro Stunde an Vereine(Erwachsenensport) und für allgemeine Veranstaltungen der Vereine gegen ein separates Entgelt vermietet. Die entgeltliche Nutzung der Halle lag bei 14,29 %. Die Vorsteuer wurde im Schätzweg zu 40 % der Herstellungskosten für den Vereinssport (60 % Schulsport) geltend gemacht. Der Kostendeckungsgrad betrug durch die Einnahmen 12,03 %.

Während das Finanzgericht die Unternehmereigenschaft bejaht hat, wurde vom zuständigen Finanzamt Revision eingelegt. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls eine Aussage des EuGH sehr interessant:

Nach Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ist eine wirtschaftliche Tätigkeit positiv auszulegen, ungeachtet des Umstands, dass Bauten in erheblichem Maße mit staatlichen Beihilfen finanziert werden, ihre Bewirtschaftung aber lediglich Einnahmen aus der Erhebung einer geringfügigen Gebühr erbringen.

Zum Verständnis: Der Umstand, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit zu einem Preis unter oder über dem Selbstkostenpreis und somit zu einem Preis unter oder über dem normalen Marktpreis ausgeführt wird, ist für die Qualifizierung, ob eine entgeltliche Leistung vorliegt, unerheblich. Die Entgeltlichkeit ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug.

Andererseits könnte im Gegenzug durch ein geringes Entgelt die Steuerpflicht vermieden werden. Es bleibt also weiterhin spannend...

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